🐢 Ungünstig gestartet?

Auch wenn der Start nicht vorbildlich war, ist es nie zu spät, es zum Positiven zu verändern. Wir erklären dir, wie das geht.

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Auch wenn der Start nicht vorbildlich war, ist es nie zu spät, es zum Positiven zu verändern. Wir erklären dir, wie das geht.

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Es sollte nicht passieren, und doch gehörst auch du dazu. Wahrscheinlich bist du selbst betroffen, sodass du deswegen diese Seite hier gefunden hast oder dorthin verwiesen wurdest. Oder aber du kennst jemanden, für den es interessant sein könnte.

Worum geht es hier? 

So manch einem frisch gebackenen Schildkrötenhalter ist es nicht gelungen, sofort in die artgerechte Haltung zu starten. Meist ist es die Folge falscher Beratung, überwiegend leider werden die meisten im Zoofachhandel falsch beraten. Wobei das Wort “beraten” eigentlich gar nicht den Namen verdient hat. Aber das ist eine andere Geschichte. 

Klassische, ungünstige Haltungsform

Andere Neueinsteiger wurden stattdessen beim Züchter falsch beraten. Obwohl man meinen sollte, dass ein solcher mit Liebe und einem guten Wissen über die Haltung züchtet, berät und verkauft, so gibt es auch unter den Züchtern leider zunehmend jene, die ungünstige Bruttemperaturen verwenden, zur ungünstigen Jahreszeit verkaufen und allgemein Versäumnisse in Zucht, Haltung, Beratung und/ oder Vorbildfunktion an den Tag legen. Ein Video zum vorbildlichen Züchter gibts hier.

Was bedeutet “falsch beraten”?

Falsch zu beraten bedeutet, dass dies einerseits zum Vorteil des Verkäufers ist, während das Tierwohl hinten angestellt wird, andererseits kann eine falsche Beratung auch aufgrund dessen entstehen, dass man Unwohlsein von Schildkröten leicht übersehen kann und möchte und/ oder manche Haltungsformen nachmacht, ohne sie selbst hinterfragt zu haben. Nicht all falsche Beratung muss also bewusst und somit fahrlässig sein. Während der gewerbliche Verkäufer meist auf Basis wirtschaftlicher Interessen “berät”, so ist eine falsche private Haltung meist auf Basis des bequemsten Weges gebaut. Da Schildkröten still und lange leiden, ohne Mimik zu zeigen, laut zu sein oder dem Halter aggressiv gegenüber zu werden, also sich zu wehren, so wird gerne behauptet “Ich mache das schon xy Jahre so und es geht den Tieren gut“.

Die falsche “Beratung” bedeutet, dass die artgerechte Haltung in den Hintergrund rückt, während der bewusste oder unbewusste Vorteil des Menschen überwiegt.

Was bedeutet “artgerecht” oder “nicht artgerecht”?

Artgerecht bedeutet, der Art gerecht zu werden. Wikipedia beschreibt es genau richtig:
Artgerechte Haltung bezeichnet Formen der Tierhaltung, bei denen an die ursprünglich natürlichen Lebensbedingungen der Tiere erinnert wird und auf bestimmte angeborenen Verhaltensweisen der Tiere Rücksicht genommen wird.”

 

Und genau so ist es auch. Das heißt, um Schildkröten artgerecht halten zu können, müssen wir einen Blick in die natürlichen Lebensräume werfen und versuchen, diese nachzuahmen. Das gelingt natürlich nicht zu 100%, aber man kann versuchen, da ran zu kommen. Manchmal ist es aber dennoch nötig, unnatürlich einzugreifen, um die Gesundheit unserer Lieblinge aufrecht zu erhalten, zum Beispiel indem wir sie vor Feinden schützen oder bei hochgradigem Befund entwurmen. 

Wie sieht eine naturnahe Haltung aus? Erst einmal brauchen wir die Natur selbst, also Wetter, Jahreszeiten, Sonnenschein, nächtliche Temperaturabsenkung, Temperatuschwankungen und die Vielzahl an Wildkräutern, welche die Schildkröten sich selbst suchen müssen. Je nach Stadium und Jahreszeit verändern sich die Inhaltsstoffe der Pflanzen, sehr zum Vorteil für eine gesunde Ernährung. Das heißt, bei diesen Faktoren, also Temperatur, Wetter und Ernährung, können wir schon erste typische Haltungsfehler erkennen. Nämlich dass man bei einer Innenhaltung weder Wetter hat noch echte Sonne noch eine nächtliche Temperaturabsenkung. Zudem wachsen drinnen keine Wildkräuter, man muss zufüttern und schränkt damit die Vielzahl ein. 

Oft wird bei der Innenhaltung auf Salate, Obst, Gemüse usw. zurück gegriffen. Aber hat das etwas mit der Natur zu tun? Nein, denn in den Lebensräumen, also der Macchie und Garigue, wächst so etwas nicht. Was also im natürlichen Lebensraum nicht wächst, bekommen auch unsere Schildkröten nicht.

Und wie sieht es mit der Winterstarre aus? Auch hier werfen wir einen Blick in den natürlichen Lebensraum. Werden in Sachen Starre junge von alten Tieren unterschieden? Oder gibt es Unterschiede nach Gewicht? Nein. Alle Schildkröten, egal wie alt oder schwer sie sind, gehen in die Winterstarre. Also verzichten wir auch in Gefangenschaft nicht darauf.

Eine artgerechte Haltung bedeutet also, sich am natürlichen Lebensraum zu orientieren und dies nachzuahmen. Das bedeutet, wir nutzen die Natur vor unserer Haustür. Ein Freigehege, welches abwechslungsreich gestaltet ist, ist die Basis. Da wir hier aber kein mediterranes Klima haben, müssen wir unnatürlich nachrüsten. Die Technik selbst ist zwar unnatürlich und mancher wird sagen “in Griechenland hängen auch keine Wärmelampen herum”, aber es geht ja darum, die Temperaturen zu schaffen, die wir hier klimabedingt nicht haben. Mit der unnatürlichen Technik ahmen wir also natürliches Klima nach. Diese Technik fördert also Gesundheit und ist wichtig im Rahmen einer artgerechten Haltung.

Und was macht man nun, wenn man falsch gestartet ist?

Gehörst du zu denen, die vielleicht eine Schildkröte im Terrarium hält? Oder gehörst du zu denen, die im Winter eine Schildkröte geschenkt bekam, die weder Winterstarre hält noch eine Außenhaltung nun möglich ist?

Dann müssen wir schauen, daraus das Beste zu machen. Wenn du dich gerade in den Wintermonaten befindest oder im späten Herbst, dann ist eine Innenhaltung momentan leider besser als wenn du von jetzt auf gleich die Schildkröte raus setzen würdest. Du musst die Zeit nun drinnen überbrücken. Aber auch hier gilt es, nicht auf das schädliche Terrarium zurück zu greifen sondern möglichst ein Stück Natur ins Haus zu holen. Das bedeutet, statt ein Terrarium oder Gehege mit hohen Seitenwänden verwendest du ein sogenanntes Zimmergehege. Wie das geht, siehst du im Video.

Wenn deine Schildkröte gesund ist und sich ca. 2 Wochen eingelebt hat, darfst du sie je nach Jahreszeit auf die Winterstarre vorbereiten. Das gelingt besser, wenn dein Gehege in einem kühlen Raum steht, zum Beispiel im Schlafzimmer. Hier musst du nun in 3-4 Wochen die Temperatur so weit senken, dass du am Ende bei möglichst unter 8°C angekommen bist. Falls das nicht möglich ist, gelingt die letzte Etappe z.B. im Keller. Die Brenndauer der Lampen wird ebenfalls nach und nach gesenkt. Am Ende bist du bei 1 Std. am Vormittag angekommen.

Die genaue Beschreibung findest du in Videos und diversen Büchern.

Die Winterstarre darf auch eingeleitet werden, wenn sie erst beispielsweise im Januar oder Februar beginnen würde. Besser nur 4-8 Wochen starren (also verkürzt) als komplett drauf zu verzichten.

Ideal wäre, wenn die Schildkröte nach der Winterstarre direkt ihr Freigehege mit beheiztem Frühbeet beziehen dürfte, ohne zwischendurch drinnen zu verweilen.

Wenn du die Schildkröte hingegen im Frühjahr oder Sommer bekommen hast, dann ist die Sache schon etwas einfacher. Als erstes steigst du auch hier auf das Gehege um, statt das Terrarium zu verwenden. Je nach Wetter kannst du ein fahrbares Gehege verwenden, welches bei Sonnenschein nach draußen auf deine Terrasse gerollt wird.

Parallel dazu gestaltest du ein Freigehege mit beheiztem Frühbeet. Deine Schildkröte darf dann dorthin umziehen, ohne dass man hier sie langsam dran gewöhnen muss. Da es aber im Haus warm ist, wäre es von Vorteil, die Schildkröte mittags ins Frühbeet zu setzen. Dann ist es warm, es findet kein großer Temperaturunterschied statt und die Schildkröte hat vor Einbruch der Dämmerung noch Zeit, sich ihre Versteckplätze zu suchen und erste Orientierung vorzunehmen.

Zusammen gefasst bedeutet es: Es ist nie zu spät, eine Haltung zum Positiven zu verändern. Je nach Jahreszeit und Vorgeschichte kann man die Schildkröten sofort nach draußen umziehen oder aber muss mittels Innenhaltung kältere Wochen überbrücken. Bitte keine Pinienrinde oder Buchenhack verwenden sowie Heu oder Späne. Auf ein Terrarium sollte sofort verzichtet werden, ebenso wie auf Obst, Tomate und Gurke. Salate sind lediglich an frostigen Tagen als Notlösung in Ordnung (kein Eis- und Kopfsalat). Die Winterstarre ist wichtig, je nach Jahreszeit ist es sinnvoll, dies noch einzuleiten. Bei falscher Haltung in den Frühjahrs- und Sommermonaten darfst du gerne fleißig am Gehege basteln. Es kommt zwar nicht auf paar Tage Verzug an, aber dennoch gilt, je früher eine Außenhaltung möglich ist, desto besser. Bei unterschiedlichen Meinungen frage dich stets, welche davon naturnaher ist. Denn der natürliche Lebensraum gilt immer als Vorbild.

In Sachen Winterstarre möchte ich noch ergänzen, dass es sich um europäische Arten handelt. Tropische Arten werden nicht überwintert und die Haltung generell unterscheidet sich stark von den “Europäern”.

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